Die Entwicklung von Videospielen ist sehr kostenintensiv. Viele Titel funktionieren mittlerweile nach dem „free to play“-Prinzip, um somit eine große Zielgruppe zu erreichen. Zur Finanzierung ihrer Ausgaben können die Betreiber verschiedene Einnahmequellen nutzen. „Lootboxen“ sind dabei in den letzten Jahren sehr beliebt geworden. Im heutigen Ratgeber geht es um deren Vorteile und die Risiken. Damit ihr besser entscheiden könnt, ob Lootboxen zu euch passen oder nicht.
Wie funktionieren Lootboxen?
Die „virtuellen Schatzkisten“ arbeiten nach dem Zufallsprinzip. Sobald der Spieler das Geld überwiesen hat, öffnet sich die Lootbox umgehend. Alternativ wird die Premium-Währung vom Spiel eingesetzt. Im Anschluss erfährt der Nutzer, was er gewonnen hat.
Lootboxen besitzen eine Reihe von digitalen Gegenständen. Je wertvoller sie sind, desto seltener kommen sie darin vor. Wobei alle Gewinne unendlich oft vorhanden sind. Die Programmierung er Wahrscheinlichkeiten entscheidet darüber, ob es sich um einen seltenen oder weniger wertvollen Inhalt handelt. In jedem Fall geht der Spieler nie leer aus. Schlimmstenfalls ist der Gewinn als Trostpreis zu verstehen, da ihr euch bei jeder Ziehung einen der Hauptpreise erhofft.
Der gewonnene Gegenstand wird umgehend dem Inventar hinzugefügt. Von dort ist er zu jeder Zeit einsetzbar. Lootboxen werden einzeln oder in Paketen gekauft. Ihre Preise richten sich nach den enthaltenen Gewinnen. Fast immer handelt es sich um Mikrotransaktionen (kleine Beträge). Was sie so verlockend macht, da sich alle den Kauf leisten können.
Übrigens: Ein Umtauschrecht ist in der Regel nicht gegeben. Sobald die Transaktion bestätigt wurde, gibt es kein Zurück mehr.
Beispiele für virtuelle Schatzkisten
Wer noch nie eine Lootbox gekauft hat, kann sich nur wenig darunter vorstellen. Deshalb gibt es hier ein paar Beispiele, wie sie euch in verschiedenen Videospielen begegnen können.
Fußballspiele: In den Lootboxen findet ihr Spielfiguren, um damit eure Mannschaft zu ergänzen. Je seltener die Fußballer sind, desto präziser und stärker sind ihre Schüsse.
Egoshooter: Hier enthalten die Schatzkisten häufig Skins, welche das Aussehen von Waffen verändern. Bei beliebten Spielen wie CS:GO sind diese sehr gefragt und werden teilweise sogar zu hohen Preisen gehandelt.
Simulationen: Lootboxen in diesem Genre bieten Rohstoffe und Booster bereit. Sie können ebenso seltene Dekorationen ausgeben.
Rollenspiele: Es locken neue Charaktere, bessere Waffen und Booster, um euren Fortschritt im Spiel zu beschleunigen. Alternativ gewinnen die Spieler kosmetische Veränderungen, die optisch schön anzusehen sind, aber keinen praktischen Nutzen erfüllen.
So lassen sich Lootboxen kaufen
- Das Spiel muss auf dem Computer, der Konsole oder dem Mobilgerät geöffnet werden.
- Entweder werden die Lootboxen schon auf der Startseite beworben oder sie sind im Shop-Bereich zu finden.
- Oft gibt es verschiedene Arten von Lootboxen zu kaufen. Ihr Preis bestimmt die Wertigkeit des Inhalts.
- Nun ist noch eine Zahlungsmethode zu wählen. Bspw. PayPal oder die Sofortüberweisung.
- Nach dem Kauf werden die Lootboxen entweder automatisch geöffnet oder sie liegen im Inventar.
Sinn und Zweck von Lootboxen
Die Gaming-Industrie erzielt Umsätze in Milliardenhöhe. Ein Großteil der Spieler möchte dabei wenig bis gar kein Geld ausgeben, während ein kleiner Prozentsatz große Summen investiert. Um nicht nur die wenigen Spieler mit den „dicken Brieftaschen“ zu bevorteilen, wurden die Lootboxen eingeführt. Zwar ist der gewünschte Gewinn nie sicher, aber zumindest besteht die Chance auf ihn.
Glück spielt hierbei ohne Zweifel die tragende Rolle. Dafür kosten die Lootboxen nur sehr wenig. Oftmals sind es nur 99 Cent pro Stück. Was sie für alle Spieler sehr reizvoll macht, ohne sich dabei verschulden zu müssen. Wenn euch Fortuna zur Seite steht, gibt es den Hauptgewinn. Jedoch geht ihr nie leer aus, denn eine Lootbox darf keine Nieten enthalten.
Auch aus Sicht der Betreiber handelt es sich wohl um die lukrativste Einnahmequelle. Kaum ein Nutzer kann der Versuchung dauerhaft widerstehen. Eine Handvoll der Beutekisten kostet vielleicht fünf bis zehn Euro. Also nicht mehr wie ein Taschengeld. Somit entsteht für beide Seiten eine Win-Win-Situation.
Neben den regulären Lootboxen sind meistens saisonal begrenzte Schatzkisten verfügbar. Sie gewähren einmalige Gewinne, die es im restlichen Jahr nicht gibt. Manchmal wurden sie sogar exklusiv für einen Event entwickelt und können danach nie wieder gewonnen werden. Was sie besonders wertvoll macht.
Berechtigte Kritik an Lootboxen
Aus Sicht einiger Politiker sowie besorgten Eltern werden immer mehr negative Stimmen laut. Sie möchten Lootboxen gänzlich verbieten oder zumindest stark einschränken. Als durchaus berechtigte Kritikpunkte werden dabei angeführt:
- Lootboxen ähneln einem Glücksspiel. Als solches deklariert, muss es in vielen Ländern gesetzliche Rahmenbedingungen erfüllen. Da der Zufall das Ergebnis bestimmt, scheint hier der Tatbestand erfüllt zu sein. Der Spieler weiß zwar im Vorfeld, was er gewinnen könnte, doch der heiß ersehnte Hauptgewinn ist ihm nicht sicher. Dagegen spricht, dass es immer mindestens einen Trostpreis zu gewinnen gibt. Ein echtes Glücksspiel lässt die Nutzer öfter mit leeren Händen dastehen.
- Spieler verlieren mit Lootboxen schnell die Übersicht zu ihren Ausgaben. Weil die meisten Lootboxen nur ein bis zwei Euro kosten, ist die Verlockung sehr groß. Im Zeitalter der digitalen Zahlungsmethoden
- Lootboxen können auch von Minderjährigen erworben werden. Ob man sie nun zu den Glücksspielen zählt oder nicht: Wenn sie von Spielern unter 18 Jahren gekauft werden können, hat dies einen faden Beigeschmack. Jugendliche geben hier gern ihre ganzen Ersparnisse aus. Ihnen fehlt oft der richtige Umgang mit Geld. Schlimmstenfalls leihen sie sich etwas von Freunden und verlieren schrittweise die Kontrolle über ihre Ausgaben.
- Lootboxen fördern den Einstieg in andere Glücksspiele. Der stete Kontakt mit dem Glücksfaktor soll die Spieler für andere Gewinnspiele bzw. Glücksspiele empfänglicher machen. Getreu dem Motto „Nur noch eine Kiste“, ist dieser Gedanke nicht von der Hand zu weisen.
- Die virtuellen Schatzkisten senken die Hemmschwelle für risikoreiche Investitionen. Lootboxen funktionieren fast immer nach dem Prinzip „high risk, low reward“. Denn häufig sind die begehrten Gewinne nur mit dem Einsatz großer Summen möglich. Die Spieler würden besser bei wegkommen, wenn sie den gewünschten Gegenstand für einen fixen Betrag erwerben könnten. Doch dann wäre die Hemmschwelle größer.
Glaubhafte Altersnachweise einfordern
Ein probates Mittel, um Lootboxen aus den Spielen nicht gänzlich entfernen zu müssen, wäre eine Verifizierung des Alters. Diese kennen wir schon von Online Casinos und Sportwetten. Der Nutzer muss sein Alter und Identität nachweisen. Bspw. durch eine Kopie vom Personalausweis oder Führerschein. Optional verlangen manche Anbieter noch eine aktuelle Rechnung, um die Wohnanschrift abgleichen zu können.
Nur stellt sich die Frage, wie eine solche Altersverifizierung glaubhaft abgefragt werden kann? Schlimmstenfalls „borgt“ sich das Kind den Ausweis von Mama oder Papa. Bleibt also nur noch ein Video-Ident-Verfahren, um den Spieler in Echtzeit prüfen zu können. Ein ganz schöner Aufwand für den Kauf von ein paar Lootboxen.
Irgendwo muss sich ein Kompromiss finden lassen, welcher für alle Beteiligten akzeptabel erscheint. Hier kommt es auf die gesetzlichen Vorgaben der jeweiligen Regierung an. Sollten für Lootboxen diverse unterschiedliche Regeln gelten, lohnt die Implementierung womöglich nicht. Dann wären sie zwar nicht verboten, die Anbieter würden allerdings freiwillig darauf verzichten.
Andere Formen der Finanzierung
Manche Betreiber entscheiden sich aus den genannten Gründen gegen die Einführung von Lootboxen. In manchen Online-Videospielen sind sie technisch auch nicht umsetzbar oder ergeben keinen Sinn. Bspw. weil es keine Elemente gibt, die sich zufällig gewinnen ließen. In naher Zukunft kann der Gesetzgeber auch vorschreiben, dass Lootboxen generell verboten sind. Auf die eine oder andere Weise müssen die Entwickler andere Einnahmequellen finden.
Diese werden zum Teil auch schon genutzt, um sich nicht nur auf einen Geldstrom zu verlassen. Beispiele hierfür sind:
- Premium-Konten: Sie bieten gewisse Vorteile, bspw. mehr Erfahrung nach jeder Runde oder ein höherer Credit-Verdienst. Premium-Konten können zudem Funktionen oder Abschnitte freischalten, die euch ansonsten vorenthalten blieben. Der Kauf erfolgt meistens direkt durch eine Überweisung. Das Premium-Konto gilt danach für den festgelegten Zeitraum. Dies kann ein Tage, eine Woche oder auch ein ganzes Jahr sein.
- Premium Shop: Durch den Eintausch von Echtgeld in Premium-Währung könnt ihr besondere Gegenstände erwerben. Diese sind exklusiv verfügbar, also nicht für Spieler vom „free to play“-Prinzip.
- Werbebanner: Sollte das Videospiel in einem Browser oder auf einer App bereitgestellt werden, gibt es noch diese traditionelle Form der Werbung. Banner von Partnern schütten Geld je nach Klicks oder Impressionen aus. Sie sind aber bei Weitem nicht so lukrativ wie Lootboxen.
- Werbevideos: Beim Laden zwischen den Spielabschnitten könnte gesponserte Werbung in Form von Videos zu sehen sein. So wie wir es bereits aus dem Fernsehen und von YouTube kennen.
- Teilnahmegebühren: Während das Basisspiel kostenlos bleibt, könnte die Teilnahme an Turnieren und Events nur gegen eine Gebühr möglich sein.
Videospiele können also eine Vielzahl von Einnahmequellen generieren. Allerdings sollten die Betreiber ein gesundes Maß finden, damit der Spielspaß nicht verloren geht. Bei manchen Titeln entsteht zudem der Eindruck, dass es sich um „pay to win“ handelt. In diesem Fall erkauft sich der Spieler nicht nur einen Zeitvorteil, sondern erhält Privilegien, die Nutzern ohne Geld nicht bereitstehen.
Fazit: Ein heißes Eisen in der Gaming-Industrie
Lootboxen bieten für beide Seiten, Spieler und Betreiber, eindeutige Vorteile. Ihr als Nutzer könnt günstig wertvolle Gegenstände gewinnen, während die Entwickler damit ihre Kosten decken. Vor dem Kauf wisst ihr bereits, welchen Inhalt ihr theoretisch abstauben könnt. In der Praxis entscheidet dann das Glück. Denn der günstige Preis geht mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung einher. Die einfachen Items zieht ihr öfter als die Hauptgewinne.
Jedes Mal ein purer Nervenkitzel, wenn ihr eine der virtuellen Beutekisten öffnet. Doch diese Spannung wird nicht von allen gutgeheißen. Manche Politiker sowie besorgte Eltern fürchten, dass es sich um eine Art „Einstiegsdroge“ zu weiteren Glücksspielen handelt. Die Argumente dafür und dagegen sind absolut nachvollziehbar.
Am Ende muss jeder für sich entscheiden, ob und wie viel er für Lootboxen ausgeben möchte. Es sei denn, die zuständige Regierung spricht ein grundsätzliches Verbot aus. Dann müssen die Entwickler reagieren und diese Funktion abschalten. Bislang sind Lootboxen in Deutschland, Österreich und der Schweiz weiterhin erlaubt (Stand: Juni 2023). Doch diese Rechtslage kann sich ändern.
Was Eltern bei Lootboxen beachten sollten
Die meiste Kritik rund um Lootboxen entsteht in Bezug auf Minderjährige. Diese investieren manchmal ihr gesamtes Taschengeld oder leihen es sich sogar von Freunden. Schlimmstenfalls nehmen sie die Kreditkarte von Mama oder Papa.
- Deshalb sind die Eltern gefragt, denn sie müssen ihre Kinder über die Gefahren aufklären. Einerseits verhelfen Lootboxen zu mehr Spielspaß. Dieser bleibt aber nur erhalten, solange alles in einem gewissen Rahmen abläuft.
- Minderjährige müssen das Prinzip vom Glücksspiel verstehen lernen. Sie dürfen verstehen, dass sie den Hauptgewinn nur in sehr seltenen Fällen ziehen werden.
- Es hilft, wenn gemeinsam ein monatliches Budget, wie ein Taschengeld, festgelegt wird. Mama und Papa müssen dafür wissen, wie viel eine Lootbox kostet. Das Kind kann sich somit die Anzahl der möglichen Schatzkisten pro Woche oder Monat errechnen.
- Die beste Kontrolle für die Eltern besteht in einer freundlichen und konstanten Kommunikation. Das Kind muss das Verständnis für seine Leidenschaft zum Spielen spüren. Idealerweise kann sich ein Elternteil selbst für das ausgewählte Spiel begeistern.
Keinesfalls sollten Eltern Lootboxen verteufeln. Mit einem festen Budget und regelmäßigen Gesprächen bleibt die gute Beziehung zum Kind erhalten, ohne es mit einem Verbot einschränken zu müssen.